2 ) Weltjahr der Physik 2005
-a- Ausstellung nach Liechtenstein geholt
«Im Gedenken an Einsteins annus mirabilis (1905) wurde das Jahr 2005 von der Internationalen Union für Reine und Angewandte Physik und der UNESCO zum Weltjahr der Physik erklärt.»8 In zahlreichen Ländern wurden aus diesem Anlass Ausstellungen durchgeführt und weitere Anlässe abgehalten.
In Bern erwies sich die Ausstellung «Albert und Mileva Einstein in Raum und Zeit» als Publikumsmagnet, nicht zuletzt deshalb, weil sie der Rolle von Mileva Einstein den gebührenden Platz einräumte. Das Naturwissenschaftliche Forum beteiligte sich an der Ausstellung, die der Reihe nach in Bern, Vaduz, St. Gallen, danach aber auch in Serbien9 und anderen Ländern präsentiert wurde. Woher rührt das spezielle Interesse Serbiens an der Ausstellung? Der Grund ist einfach: Mileva stammte aus der nord-serbischen Provinz Voivodina.
In Liechtenstein wurde der geschichtliche Teil der Ausstellung sogar bereichert mit der Hypothese, dass das Wissenschaftler-Ehepaar bei seinen Reisen durch Europa auch durch Liechtenstein gefahren sein konnte (allerdings wahrscheinlich nie ausgestiegen ist).10
7 Liste der internationalen Knotenpunkte: https://www.lightday.org/nodes
8 https://de.wikipedia.org/wiki/Jahr_der_Physik_2005
9 Serbische Zeitschrift Vesti, 4.12.2005: http://nwf.li/Ausländische%20Medien/Vesti041205.jpg
10 Liechtensteiner Vaterland: Die Einsteins durch Liechtenstein. 28.11.2005, Seite 8:
https://www.dachverband.li/application/files/1616/1427/7320/Vaterland281105.jpg
-b- War Einstein jemals in Liechtenstein?
Im Sommer 2005 hielt Cyril Deicha mehrere Vorträge im Rahmen der Einstein-Wanderausstellung in Vaduz, die von ihm kuratiert wurde. Es wurde sogar eine kleine historische Entdeckung gemacht: Zwischen 1890 und 1914 ist die Familie Einstein mit Sicherheit auch durch Liechtenstein gefahren, da damals die Bahnlinie Buchs-Schaanwald die einzige Verbindung war.
«Der Feldkircher Stempel in Einsteins Reisepass war sogar in einer Vitrine im Berner Landesmuseum zu sehen», erinnert sich Cyril Deicha. Bevor die Ausstellung weiterreiste, wurde sie in Vaduz um zwei Objekte bereichert: mit einer neuen Landkarte, auf der auch Liechtenstein figuriert11 , und mit einem Poster, der die damalige Bahnreise der Einsteins durch Liechtenstein in Zusammenhang mit der Relativitätstheorie bringt.12
Neben der internationalen Bedeutung hat die Ausstellung auch viele Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner interessiert – von Frauenrechtlerinnen bis hin zu Eisenbahnhistorikern und ausländischen Reportern.
-c- Die kluge Frau hinter dem berühmten Mann?
Die bedeutende Rolle von Mileva Einstein ist heute noch Gegenstand von vielen Diskussionen, in denen Politik und Weltanschauung eine Rolle spielen. Auch in Vaduz waren sich nicht alle Physiker über die Bedeutung von Mileva Einstein einig13.
Viele Frauen sehen Mileva als Vorbild – aufgrund ihrer bedeutenden Rolle hinsichtlich Albert Einsteins Forschungserfolgen, aber auch, weil Mileva die erste Serbin und eine der ersten Frauen war, die in Zürich ein Mathematik- und Physikstudium absolviert hat.
Kennengelernt hatten sich Albert und Mileva als Kommilitonen am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, einer der fortschrittlichsten Schulen Europas.
11 Karte der Reisen durch das damalige Europa:
https://www.dachverband.li/application/files/1315/0912/9864/einsteinsBahnlinie.pdf
12 Poster mit historischen Fotos von Liechtenstein 1905 und 2005:
https://www.dachverband.li/application/files/6215/0913/0799/2017EinsteinInLiechtenstein.pdf
13 Vortrag von F. Epple zum Internationalen Jahr des Lichtes am Liechtensteiner Gymnasium (siehe Hasan Akay in den LG-Nachrichten 29/2, S. 11, Vaduz, 2016)
Im November 2005 referierte Anne Gerhards, Präsidentin des Zonta-Clubs, im Rahmen der Einstein-Ausstellung über die Rolle der Frauen in der Wissenschaft am Beispiel der Einsteins. So berichtete die Liechtensteiner Tagespresse:
«Die Ausstellung im Foyer des Gymnasiums wurde mit viel Liebe zusammengetragen und zeigt auf 16 Tafeln das Leben und Schaffen von Albert Einstein und seiner Frau Mileva, die ebenfalls Physikerin war und nach Albert Einsteins eigenen Worten ‹sein genialer Inspirator›. Ohne sie hätte er sein Werk nie begonnen noch vollendet, das schrieb er vor hundert Jahren an ihren Vater.
[...] Dass Frauen und Technik zusammengehen, ist für viele Menschen schwer vorstellbar.
Ein festgefahrenes Vorurteil. - Anne Gerhards, Präsidentin von Zonta Vaduz Area, zeigte in einem kurzen Impulsreferat auf, dass dieses Vorurteil auch heute noch, hundert Jahre nach der Veröffentlichung der genialen Formel der Relativitätstheorie, ziemlich fest verankert ist und dass Frauen immer wieder um Anerkennung kämpfen müssen. Anne Gerhards ist promovierte Maschinenbauingenieurin und sie weiss, es ist immer noch ein besonderes Thema.»14
-d- Lob für Liechtenstein
Die Reporter D. Dimitrijević und M. Kajganić interviewten Cyril Deicha anlässlich der Veranstaltungen in Vaduz. In den internationalen Ausgaben der serbischsprachigen Zeitungen («Novosti» bzw. «Vesti») erschienen neben Lob für Liechtenstein auch Informationen zu den besonderen Beziehungen der Familie Einstein mit der serbischen Kultur.
Dimitrijević betont den grossen Erfolg der Einstein-Ausstellung:
«Die Ausstellung ‹Mileva und Albert Einstein in Raum und Zeit› in den Räumlichkeiten des Vaduzer Gymnasiums wurde aufgrund des grossen Interesses verlängert. Die Ausstellung, dessen Organisator das Naturwissenschaftliche Forum ist, dauert nun bis zum 16. Dezember [2005].» (4.12.2005)15
Kajganić rückt wenig bekannte Aspekte der Geschichte in den Vordergrund: Die Reise durch Liechtenstein, den Serbien-Bezug der Einsteins und das Leben der drei Kinder des Ehepaars:
«Zwischen Deutschland, der Schweiz und Österreich liegt ein viertes deutschsprachiges Land mit einem Fürsten als Oberhaupt, der Kleinstaat Liechtenstein. Das Ehepaar Einstein ist dort nie ausgestiegen, aber sie haben das Ländchen aus dem Zug betrachtet und die Schönheiten und Eigenarten des Fürstentums im Herzen Europas bewundert. [...] Diese Ereignisse wurden im Vaduzer Gymnasium wieder lebendig in der Ausstellung zum 100-jährigen Jubiläum von Albert Einsteins Annus mirabilis 1905. Die Ausstellung erzählt vom berühmten Wissenschaftler und seiner grossen Liebe, der Serbin Mileva Maritsch. <Die Ausstellung war nur für drei Tage geplant >, erzählt uns der begeisterte Kurator Prof. Dr. Deicha. Viele wissensdurstige Besucher: Schüler und deren Eltern, Studenten und Touristen interessierten sich für die Einzelheiten des Lebens des Genies.
Mileva gebar Albert drei Kinder. Das älteste, Liserl (Elisabeth), wurde 1903 geboren. Um der Karriere von Vater Albert nicht zu schaden, fuhr sie in ihre Heimat und versteckte sich vor der Öffentlichkeit. Was dort passiert ist, weiss man bis heute nicht.
Alle Einstein-Biografen haben vergebens versucht, auf die Spur dieses Kindes zu kommen.
Mileva heiratete Albert und gebar zwei Söhne, Hans und Eduard. Alle Kinder wurden in der Stadt Neusatz [serbisch: Novi Sad] orthodox getauft. Hans wurde Hydro-Ingenieur und lebte und arbeitete in Amerika. Er schenkte der Heimatstadt seiner Mutter eine Wasserversorgung. Bei Bombardements der Nato [Ende des 20. Jahrhunderts] wurde die alte Donau-Brücke zerstört und mit ihr die darunter verlaufende Wasserversorgung. Der jüngste Sohn Eduard erkrankte und verbrachte sein Leben mit Klavierspielen und Liederkomponieren in einer psychiatrischen Klinik in Zürich. Mileva starb 1948. Ihr Grab wurde nur drei Monate nach ihrem Tod aufgegeben, weil niemand die Friedhofgebühren zahlte. Dank der Bemühungen von Petar Stojanovic aus St. Gallen wurde Milevas Grab [2005] wiederentdeckt und dokumentiert».16
14 Liechtensteiner Vaterland, 18.11.2005, S. 5
15 Reportage in der internationalen Ausgabe der serbischen Zeitung Vesti (D. Dimitriević): Die Geschichte über Mileva und Albert. 4.12.2005, Seite 19:
http://nwf.li/Ausländische%20Medien/Vesti041205.jpg
16 Reportage in serbischer Sprache in NOVOSTI (Kajganic, M.): In Liechtenstein wird die Ausstellung Albert und Mileva Einstein verlängert. 23.12.2005.
Wissensdurstige Besucher der Einstein-Ausstellung